• Die Steinhalle im Landesmuseum Mainz

Der Mainzer Altertumsverein und die Steinhalle im Landesmuseum Mainz

[Bild: Quelle: MAV]

Der 1844 gegründete Mainzer Altertumsverein hat ab 1855 außer seiner eigenen Sammlung auch die städtische Sammlung archäologischer und kunsthistorischer Gegenstände betreut. Im Jahre 1910 übergab der Altertumsverein sämtliche Sammlungsbestände in das Eigentum der Stadt Mainz, die seit 1967 diese Sammlung dem vom Land Rheinland-Pfalz getragenen Landesmuseum Mainz als Dauerleihgabe zur Verfügung stellt.

Der Mainzer Altertumsverein präsentiert anlässlich der aktuellen Diskussionen um das künftige Geschick der Steinhalle (weiterlesen) und ihrer herausragenden Denkmäler auf seiner Website – in lockerer Folge – die wichtigsten Sammlungsbestände, die er zwischen 1844 und 1910 für das damalige Altertumsmuseum, das heutige Landesmuseum Mainz, erworben und somit für die Mainzer und internationale Öffentlichkeit gesichert hat.

Stellungnahme des Mainzer Altertumsvereins e.V. zur beabsichtigten Einrichtung eines Demokratieforums in der Steinhalle des Landesmuseums Mainz

Im Jahre 2015 wurde die international bedeutende Sammlung römischer Steindenkmäler aus Mainz aus der sogenannten Steinhalle des Landesmuseums Mainz ausgeräumt, um dem Landtag Rheinland-Pfalz, der sein historisches Gebäude wegen Sanierungsbedarf verlassen musste, ein vorübergehendes Ausweichquartier für seine Plenarversammlungen zu ermöglichen.

Anders als ursprünglich vorgesehen, will der Landtag jetzt nach inzwischen abgeschlossener Sanierung des historischen Landtagsgebäudes nicht mehr aus der Steinhalle des Landesmuseums Mainz ausziehen, sondern in eigener Regie die Steinhalle weiterhin als Veranstaltungsort zur Vermittlung von Demokratiegeschichte bespielen, wodurch dem Landesmuseum ca. 1200 qm Ausstellungsfläche verloren gingen.

Der Mainzer Altertumsverein hat, nachdem er wiederholt von seinen Mitgliedern und auch weiteren Mainzer Bürgern auf diese Pläne des Landtags angesprochen wurde, seine Bedenken in einem Schreiben vom 24. Juli 2020 dem für das Landesmuseum Mainz zuständigen Minister Prof. Dr. Konrad Wolf mitgeteilt und erklärt, dass er die vom Landtag betriebene Fremdnutzung der Steinhalle für eine eklatante Fehlentscheidung hält, da zum einen die Mainzer römischen Steindenkmäler eine der bedeutendsten Sammlungen ihrer Art nördlich der Alpen darstellen, die durch das Römisch-Germanische Zentralmuseum Mainz und die Römisch-Germanische Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts in sieben repräsentativen Buchbänden veröffentlicht wurden, zum anderen, weil durch die Einbauten des Landtags die aus denkmalpflegerischer Sicht wertvolle und beeindruckende Raumwirkung der Steinhalle als ehemaliger Reithalle des kurfürstlichen Marstalls aus dem 18. Jahrhunderts zerstört wird.

Der Mainzer Altertumsverein hat sein an Herrn Minister Wolf gerichtetes Schreiben vom 24. Juli 2020 mit gleicher Post an folgende Persönlichkeiten und Institutionen gesendet: Herrn Landtagspräsidenten Hendrik Hering, die Fraktionen des Landtags Rheinland-Pfalz, Herrn Oberbürgermeister Michael Ebling (Ehrenvorsitzender des Mainzer Altertumsvereins), Frau Beigeordnete Marianne Grosse (Mitglied im Beirat des Mainzer Altertumsvereins) sowie die Fraktionen des Stadtrats.

Seitdem hat der Mainzer Altertumsverein das Anliegen bis in jüngste Zeit nicht nur in zahlreichen Schreiben an genannte Persönlichkeiten vorangetrieben, sondern seinen Standpunkt auch in mehreren Gesprächsterminen in der Landtagsverwaltung und im für das Landesmuseum Mainz zuständigen Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur nachhaltig vertreten. Aktuell ist der Verein im Gespräch mit der Leiterin der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE), Frau Dr. Heike Otto. Für die Besprechungen mit den Vertreterinnen und Vertretern von Landtag, Ministerium und GDKE hat Herr Dr. Michael Johannes Klein, Mitglied des Beirats des Mainzer Altertumsvereins, als Tischvorlagen einen Beitrag zur Bedeutung der Sammlung römischer Steindenkmäler in der Steinhalle sowie einen weiteren über die Raumprobleme des Landesmuseums Mainz seit den 1990er Jahren erarbeitet.

In den laufenden Verhandlungen setzt sich der MAV ein für

- den Erhalt der in ihren historischen Dimensionen einmaligen barocken Reithalle als Raumeinheit, die durch den Interimseinbau des Plenarsaals derzeit erheblich verkleinert ist,

- die umfassende Präsentation der in ihrer Gesamtheit überregional bedeutenden Römischen Sammlung im Museum, als einem Ort, an dem das Römische Mainz in seiner Vielfalt und einmaligen Dichte erlebbar ist,

- die Wiedereröffnung der Vor- und Frühgeschichtlichen Sammlung und der Abteilung Römischer Funde (Glas, Metall, römischer Alltag, Neufunde),

- den Erhalt der gesamten bedeutenden Museumssammlung, die von der Vorgeschichte bis zur Gegenwart die gesamte menschliche Kulturgeschichte umfasst, in der nicht einzelne Abteilungen zugunsten anderer reduziert werden dürfen,

- ein Demokratieforum nicht auf Kosten der Ausstellungsräume, sondern an einem anderen, dafür geeigneten Ort.


Gerne weisen wir auch darauf hin, dass inzwischen auch der Deutsche Verband für Archäologie ein an Herrn Landtagspräsidenten Hering gerichtetes Protestschreiben auf seiner Website (www.dvarch.de/neuigkeiten) veröffentlicht hat.

Die Steinhalle des Landesmuseums Mainz im ursprünglichen Zustand...
...und nach dem Umbau zur provisorischen Unterbringung des Plenarsaals des Landtags Rheinland-Pfalz

Mehr Demokratie wagen - aber nicht durch Verdrängung kulturellen Erbes in der Steinhalle des Landesmuseums

Erklärung des Bürgerrates/Runder Tisch „Steinhalle“

Seit 2016 nutzt der Landtag von Rheinland-Pfalz die sogenannte Steinhalle des Landesmuseums Mainz als Ausweichquartier für seine Plenarsitzungen, da das historische Landtagsgebäude, das Deutschhaus, zu sanieren war. Der größte Teil der international bedeutenden Sammlung römischer Steindenkmäler wurde zuvor aus der Steinhalle ausgeräumt, damit der Plenarsaal und eine Lobby für den Landtag installiert werden konnten. Einen sehr beträchtlichen Teil dieser römischen Steindenkmäler hat der Mainzer Altertumsverein erworben und 1910 der Stadt übergeben. Das Land präsentiert diese Sammlung (seit 1967 als Dauerleihgabe der Stadt) im Landesmuseum, darunter befinden sich so einzigartige Denkmäler wie der Grabstein des Mainzer Reeders Blussus und seiner Frau Menimane, der repräsentative Bogen des Ratsherrn Dativius Victor und die große Jupitersäule zu Ehren des Kaisers Nero.

Anders als ursprünglich zugesagt, will der Landtagspräsident nach der 2021 abgeschlossenen Sanierung des historischen Landtagsgebäudes die Steinhalle nicht wieder dem Landesmuseum Mainz zurückgeben, sondern auch zukünftig als Veranstaltungsort zur Vermittlung von Demokratie nutzen, wodurch das Landesmuseum Ausstellungsflächen in erheblichem Umfang verlöre.

In der Sorge, dass hier zwei wichtige politische Aufgaben in einer demokratischen Gesellschaft gegeneinander ausgespielt werden:

einerseits der umfassende Erhalt kulturellen Erbes eines nahezu einzigartigen und international bedeutsamen Ensembles der „Steinhalle“ des Landesmuseums mit der Sammlung von antiken, frühchristlichen und den künftig hoffentlich noch stärker berücksichtigten jüdischen Denkmälern,

andererseits die Präsentation, Bewahrung und Vermittlung von Demokratie, begriffen als „Reallabor Demokratie“

setzen sich die Unterzeichner daher sehr entschieden für die folgenden Ziele ein:

1.      Entfernung des Plenarsaalgestühls und der die Steinhalle in zwei Hälften trennenden Zwischenwand, da die Raumwirkung der ca. 1.200 qm großen Steinhalle, der historischen Reithalle des kurfürstlichen Marstalls, durch diese Einbauten in erheblicher Weise beeinträchtigt wird und das Plenargestühl mehr als die Hälfte der Ausstellungsfläche belegt,

2.      eine umfassende, weiterentwickelte Präsentation der international bedeutenden, nördlich der Alpen einzigartigen Sammlung römischer Steindenkmäler aus Mainz in der Steinhalle als einem Ort, an dem das Römische Mainz in seiner Vielfalt und einmaligen Dichte erlebbar ist, für Mainzerinnen und Mainzer, Mainz-Besucher*innen und die internationale Forschung,

3.      die Wiedereröffnung der seit 2004 geschlossenen Archäologischen Sammlung mit wertvollen Beständen aus der Vorgeschichte, der Römerzeit und dem Mittelalter, die Ausstellung von römischen Neufunden sowie die Wiedereröffnung der Prinz-Johann-Georg-Sammlung,

4.      eine angemessene Präsentation auch der weiteren bedeutenden Museumsbestände, die die menschliche Kunst- und Kulturgeschichte von der Steinzeit bis zur Gegenwart umfassen, bei der kein Bereich zugunsten anderer Bereiche geopfert werden darf,

5.      das Museum mit seinen vielfältigen Sammlungen als unentbehrlichen und aktuellen Ort kulturpolitischer Weiterbildung für die Kunst- und Kulturgeschichte, insbesondere auch für die Landesgeschichte ideell, aber auch räumlich und personell zu stärken.

 

 

Unterzeichner: 


Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik e.V., Landesverband Rheinland-Pfalz


Förderverein Stadthistorisches Museum Mainz e.V.


Stiftung Haus des Erinnerns – für Demokratie und Akzeptanz Mainz
Initiative Römisches Mainz e.V.


Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft JGU


Institut für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie JGU


Mainzer Altertumsverein e.V.


Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e.V.


Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Leibniz-Forschungsinstitut für Archäologie


Verband der Geschichtslehrer Deutschlands e.V., Landesverband Rheinland-Pfalz


Verein der Freunde des Landesmuseums e.V.


Verein für Sozialgeschichte Mainz e.V.

 

Mainz, den 26.05.2021

Offener Brief des Altertumsvereins Worms e.V. zur "Steinhalle"

Der AV Worms hat unlängst einen Offenen Brief veröffentlicht und somit ebenso Stellung zur geplanten Umwidmung der "Steinhalle" am Landesmuseum Mainz bezogen. Das Dokument finden sie hier.

Der Vorstand des Mainzer Altertumsvereins e.V. dankt dem Altertumsvereins Worms e.V. sehr für die Unterstützung in dieser Sache!

Die große Mainzer Jupitersäule

[Bild: Fragmente der Jupitersäule in der Steinhalle GDKE_Landesmuseum Mainz (Ursula Rudischer)]

Die Große Mainzer Jupitersäule stellt mit ihrer monumentalen Größe und der hohen künstlerischen Qualität ihrer zahlreichen Götterdarstellungen ein in der römischen Welt einzigartiges Denkmal dar. Das Landesmuseum Mainz kann sich glücklich schätzen, diese – vom Mainzer Altertumsverein 1904/1905 für das damalige Altertumsmuseum, das heutige Landesmuseum, erworbene – Jupitersäule der Öffentlichkeit präsentieren zu können.

Die moderne Geschichte dieses außergewöhnlichen Denkmals begann Ende 1904, als dem damaligen Konservator des Mainzer Altertumsvereins und 2. Direktor des Römisch-Germanischen Zentralmuseums, Ludwig Lindenschmit d. J., zu Ohren kam, dass Reste einer Statue aus vergoldeter Bronze von einem Mainzer Altwarenhändler angekauft worden seien. Daraufhin suchte Lindenschmit sämtliche Baustellen im Stadtgebiet auf und wurde schließlich Anfang 1905 auf einem Grundstück des Zimmermeisters Gabriel Gerster in der Sömmeringstraße 6 fündig. Dort lag neben einer Baugrube der Aushub zu einem mächtigen Haufen aufgeschichtet: über 2.000 verzierte Bruchstücke aus Kalkstein.

Unter Leitung von Lindenschmit wurde diese Unmenge von Steinen in einer restauratorischen Meisterleistung zu einer etwa 9,20 m hohen Säule rekonstruiert: auf zwei viereckigen Sockeln ruhen fünf Säulentrommeln und ein Kapitell, zuoberst eine viereckige Statuenbasis. Von der überlebensgroßen Statue Jupiters aus vergoldeter Bronze sind nur wenige Reste, darunter der linke Fuß, erhalten. Der größte Teil der Statue wurde wohl schon in der Antike, als wertvolles Altmetall, wieder eingeschmolzen. Von einem einst sicher vorhandenen Unterbau der Säule aus zwei bis drei Stufen wurden keinerlei Reste gefunden, auch nicht von einem Fundament. Der ursprüngliche Aufstellungsort der Säule in der Römerzeit ist also nicht an der Fundstelle in der Sömmeringstraße, jedoch auf jeden Fall in der näheren Umgebung zu suchen.

Die Säule ist überaus reich mit den Reliefs von insgesamt 28 Gottheiten geschmückt, unter ihnen Hercules, Apollo, Minerva, Fortuna, Merkur, Victoria und Mars. Den prominenten Platz auf der Vorderseite des unteren Sockels nimmt ein Bildnis Jupiters ein. Er steht dort mit Zepter in der Linken und Blitzbündel in der Rechten, neben ihm, fast ganz zerstört, hockt der Adler auf einem Globus. Über Jupiter steht auf der Vorderseite des oberen Sockels die Weihinschrift der Säule. Aus ihr geht hervor, dass die Säule Jupiter, dem obersten Gott der römischen Staatsreligion, für das Heil Kaiser Neros, der von 54 bis 68 n. Chr. regierte, geweiht wurde. Da in der Inschrift auch Publius Sulpicius Scribonius Proculus, der kommandierende General des obergermanischen Heeresbezirks (die spätere Provinz Obergermanien), genannt wird, ist von einem ganz besonderen Anlass für die Weihung dieser äußerst aufwendigen Jupitersäule auszugehen. Hier kommt die Errettung Neros aus zwei Verschwörungen in Betracht, die er 59 bzw. 65 n. Chr. überlebt hat. Beide Male zog die Errettung des Kaisers überschwängliche Dankesbekundungen an die Götter und Loyalitätsbezeugungen für den Kaiser im gesamten Reich nach sich. In diesem Rahmen ist sicher auch die Große Jupitersäule in Mainz zu sehen. Nur wenige Jahre später wurde der Name des Kaisers in der Weihinschrift der Säule getilgt. Nero war beim nach wie vor mächtigen Senatorenstand in Misskredit geraten und wurde vom römischen Senat schließlich zum Staatsfeind erklärt. In auswegloser Lage nahm er sich 68 n. Chr. selbst das Leben.

Die herausragende Bedeutung der Großen Mainzer Jupitersäule hat dazu geführt, dass im Laufe der Zeit mehrere Nachbildungen angefertigt wurden. Bis vor wenigen Jahren stand eine dieser Nachbildungen, nur wenige Schritte vom Landesmuseum entfernt, auf dem Deutschhausplatz in Mainz. Der Zahn der Zeit hat mittlerweile eine Restaurierung erforderlich gemacht. Eine weitere Nachbildung der Säule befindet sich am römischen Saalburg-Kastell bei Bad Homburg vor der Höhe. Das Original im Landesmuseum Mainz wird zur Zeit umfassend untersucht und restauriert. Diese aufwendigen Arbeiten werden von der Ernst von Siemens Kunststiftung und vom Verein der Freunde des Landesmuseums Mainz finanziell unterstützt.

Die Stadt Mainz überreicht seit vielen Jahren eine Miniatur-Nachbildung der Großen Mainzer Jupitersäule, die einschließlich der Jupiterfigur mit Blattgoldauflage 49 cm hoch ist, als Ehrengabe an natürliche und juristische Personen, insbesondere aus dem Bereich des Wirtschaftslebens, für Verdienste um das Allgemeinwohl.

Autor: Dr. Michael Klein

Weiterführende Literaturhinweise:

Hans-Ulrich Instinsky, Kaiser Nero und die Mainzer Jupitersäule. Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz 6 (1959), S. 128–141.

Gerhard Bauchhenss, Die Große Iuppitersäule aus Mainz. Mainz 1984 (= Corpus Signorum Imperii Romani / Corpus der Skulpturen der Römischen Welt, Deutschland II,2, herausgegeben vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum und der Römisch-Germanischen Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts).

Ellen Riemer, Die Große Mainzer Jupitersäule – Eine Zwischenbilanz des aktuellen Restaurierungsvorhabens. Mainzer Zeitschrift 112 (2017), S. 3–14.

Ellen Riemer, Die Große Mainzer Jupitersäule. Ein Riesenpuzzle für Ludwig Lindenschmit d. J. In: Eine Zeitreise in 175 Geschichten. Der Mainzer Altertumsverein 1844–2019, herausgegeben von Wolfgang Dobras (= Mainzer Zeitschrift 114, 2019), S. 152–153.

Constanze Berbüsse / Annette Frey, Im Schatten des Vaters: Ludwig Lindenschmit d. J. Ebenda, S. 142–143.